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Lüpertz in der Sammlung DEILMANN

Mit seiner Fähigkeit, die Schatten der Geschichte ins Hier und Jetzt zu bringen, entfaltet dieser Künstler eine künstlerische Sprache, die alte Symbole in ein modernes, vielstimmiges Gespräch versetzt. Genau diese Energie, das Spannungsfeld zwischen Tradition und Neuerfindung, macht seine Werke für unsere Sammlung unverzichtbar.

Anna Deilmann, Kuratorin der Sammlung DEILMANN

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Markus Lüpertz, 2020 von Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0

Markus Lüpertz gehört zu den herausragenden Künstlern der deutschen Gegenwart. Mit einer kühnen Bildsprache, die oft zwischen Abstraktion und figürlicher Darstellung oszilliert, hat er seit den 1960er Jahren die Kunstwelt geprägt. Lüpertz begann seine Karriere mit „dithyrambischen“ Bildern, die durch kräftige Farben und monumentale Darstellungen eine eigene Ausdruckskraft entfalteten. Später widmete er sich in seinen Arbeiten der Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte und Mythologie, wobei er Symbole der Macht und des Traumas aufgriff und neu interpretierte. Seine berühmten Skulpturen, wie die Figuren des Apoll und Herkules, spiegeln eine archaische Monumentalität wider und verbinden Tradition mit einer dynamischen, modernen Formensprache. Als langjähriger Rektor der Düsseldorfer Kunstakademie prägte Lüpertz zahlreiche Künstlergenerationen. Heute gilt er als eine der zentralen Figuren der europäischen Kunstszene, dessen Werk zwischen Respekt vor der Tradition und kritischer Auseinandersetzung mit der Gegenwart schwankt.
Ein Künstler, der keine Scheu davor hat, die Kunstwelt herauszufordern und ihre Konventionen zu durchbrechen. Als freigeistiger Provokateur nutzt er seine Position als Lehrer und Mentor, um immer wieder die Grenzen des Erwarteten zu sprengen. In seinen Arbeiten und in seiner Rolle als Rektor zeigt er, dass Kunst mehr ist als das Befolgen vorgegebener Regeln – sie ist ein stetiger Dialog mit dem etablierten System. Provokation ist dabei nicht nur ein Mittel, sondern ein Statement, das ihn als freien Denker und unerschrockenen Akteur in der Kunstszene positioniert. Anstatt sich zu bücken, fordert er die Welt um sich herum heraus, um sie neu zu gestalten. Die Kunst ist seine Bühne, auf der er sich ungeniert selbst inszeniert und mit jeder neuen Arbeit die Vorstellungen von Ästhetik, Moral und Bedeutung infrage stellt.

Provokateur

Traditionelle Symbole erhalten durch Lüpertz’ Hand eine neue Bedeutung und durchbrechen die Grenzen von Zeit und Geschichte. Mit einer einzigartigen Fähigkeit überführt er das Alte ins Hier und Jetzt, indem er längst etablierte Ikonen und kulturelle Referenzen mit der modernen Perspektive der Gegenwart konfrontiert. So entstehen Werke, die nicht nur in der Geschichte verwurzelt sind, sondern sie auch aktiv neu erzählen – eine meisterhafte Synthese aus historischem Erbe und der unaufhaltsamen Dynamik der Moderne. Dabei schafft Lüpertz Kunst, die sowohl den Blick auf die Vergangenheit schärft als auch den Puls der Gegenwart widerspiegelt, und fordert uns heraus, unsere Wahrnehmung von Tradition und Wandel ständig zu hinterfragen.

Zeichen der Zeit

Markus Lüpertz’ Werke spalten die Gemüter – und das ist auch gut so. Er hat nie darum gebeten, es allen recht zu machen. Schon in den 1980er Jahren wurde er als „bramarbasierender Bösewicht“ abgestempelt, als „gewiefter Selbstdarsteller“ und „Meister der Schludrigkeit“. Die Kritiker ließen keinen Zweifel daran, dass sie ihn für einen „Konsul der Malerei“ hielten, der viel zu gerne in seinem eigenen Glanz schwelgte. Und dann die Skulpturen! Die Mozart-Statue in Salzburg etwa: von einem Kritiker als „Pornografie“ bezeichnet, während Lüpertz selbst in ihr eine Muse und eine Hommage an die Weiblichkeit Mozarts sah. Kunst oder Provokation? Lüpertz war und ist der lebende Beweis, dass Kunst die Regeln brechen muss, um zu überleben. Die Kritiker waren sich einig, dass er provozierte – aber wie und warum? Durs Grünbein, der sich mit den Skulpturen auseinandersetzte, sah in ihnen eine Art kathartisches Ventil, das die tief sitzenden „Triebhemmungen“ der Gesellschaft herausforderte. Während viele sich an den grotesken, oft verstörenden Formen stießen, erkannte Hans-Joachim Müller hinter der scheinbaren Wucht die feurige Opposition gegen das, was Lüpertz als „kritisches Paradigma“ der 68er-Bewegung verstand. Lüpertz, der Anti-68er, rief aus dem minimalistischen Mainstream heraus: „Erhebt euch und seid wieder wer!“ Und ja, er ließ sich auf den Widerspruch ein, schuf Werke, die sowohl erschreckten als auch faszinieren. So wird aus „provokant“ ein Kunstverständnis, das von Tabus lebt – und von der Frage, wie Kunst wirklich „sehen“ lässt.

Kritiken

in der Sammlung Deilmann

Künstler der Sammlung

•1968: Galerie Michael Werner, Köln •1973: Staatliche Kunsthalle Baden-Baden, Baden-Baden, Deutschland •1977: Kunsthalle Bern, Bern, Schweiz •1982: documenta 7, Kassel, Deutschland •1983: Stedelijk Van Abbemuseum, Eindhoven, Niederlande •1986: Städtische Galerie im Lenbachhaus, München, Deutschland – Belebte Formen und kalte Malerei •1989: Abbaye Saint-André, Meymac, Frankreich – Retrospektive der Gemälde, Skulpturen und Zeichnungen von 1964 bis 1988 •1991: Museo Reina Sofía, Madrid, Spanien – Retrospektive 1963 bis 1990 •1993: Kunstmuseum Bonn, Bonn, Deutschland •1994: Palais Liechtenstein, Wien, Österreich •1996: Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, Deutschland – Werkschau •1997: Stedelijk Museum, Amsterdam, Niederlande •1999: Zeche Zollverein, Essen, Deutschland – Vanitas •2000: Hannover, Deutschland – Vesper im Rahmen der Ausstellung „Lost Paradise Lost. Kunst und sakraler Raum“ •2002: IVAM Centre Julio González, Valencia, Spanien •2002: Museum Würth, Künzelsau, Deutschland •2009/2010: Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn, Deutschland – Hauptwege und Nebenwege. Eine Retrospektive. Bilder und Skulpturen von 1963 bis 2009 •2010: Albertina, Wien, Österreich – Markus Lüpertz. Metamorphosen der Weltgeschichte •2010/2011: Kunstforum Ostdeutsche Galerie, Regensburg, Deutschland – Mythos und Metamorphose •2012: Horst-Janssen-Museum, Oldenburg, Deutschland – Sagenhaft: Zeichnungen, Druckgrafiken und Plastiken

Ausstellungen

Archaische Mythen, die in der modernen Welt oft verloren gehen, erhalten bei Lüpertz eine neue, kraftvolle Bedeutung. Mit einer Mischung aus symbolischer Tiefe und monumentaler Präsenz verleiht er diesen alten Erzählungen nicht nur neue Gestalt, sondern macht sie zu einem Spiegel der heutigen Zeit. Durch die Verschmelzung von Tradition und Moderne schafft er Werke, die die Urkraft der Mythologie bewahren und gleichzeitig in der Gegenwart verankert sind – eine intensive Auseinandersetzung, die Geschichte nicht als Vergangenheit, sondern als lebendigen Teil unserer Gegenwart begreift.

Mythos und Moderne

In Lüpertz’ Werk wird Farbe zum Ausdruck eines Kampfes – ein lebendiger Dialog zwischen Chaos und Kontrolle. Der entfesselte Einsatz von kräftigen, oft kontrastierenden Farben lässt nicht nur Emotionen aufbrechen, sondern spiegelt die inneren Konflikte des Künstlers wider. Dabei wird die Spannung zwischen Abstraktion und Figuration meisterhaft inszeniert: Farbflächen und -formen kämpfen miteinander, doch nie auf einfache Weise. Stattdessen offenbart sich eine dialektische Bewegung, die uns dazu einlädt, zwischen den klaren Strukturen und den wild aufbrausenden Farbgefechten zu navigieren und die sich ständig verändernde Beziehung zwischen dem Dargestellten und dem Undarstellbaren zu ergründen.

Farbe als Kampf

Markus Lüpertz

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