top of page

Grützke in der sammlung DEILMANN

Es ist diese scharfsinnige Mischung aus Theater, Malerei und Gesellschaftskritik, die Johannes Grützke zu einem unverzichtbaren Teil der Sammlung macht. Seine Werke sind Spiegel, die die Welt zeigen, wie sie ist – absurd, ironisch, grotesk und dennoch zutiefst menschlich. Mit seinem unverkennbaren Stil bringt er historische und mythologische Themen in Dialog mit unserer Gegenwart. Seine überzeichneten, ehrlichen Figuren laden dazu ein, genauer hinzusehen und den feinen Unterschied zwischen Kritik und Humor zu entdecken. Grützke fordert uns heraus und überrascht – eine Kraft, die ihn so bedeutsam für die Sammlung Deilmann macht.

Anna Deilmann, Kuratorin der Sammlung Deilmann

Julian von Bismarck _ sammlung deilmann.png

Johannes Grützke (2012)

Johannes Grützke (1937–2017), ein Chronist des Skurrilen und ein Meister der Übertreibung, hat das deutsche Kunstschaffen des 20. Jahrhunderts mit seiner unverwechselbaren Handschrift geprägt. In Berlin geboren und gestorben, begann er seine Laufbahn an der Hochschule für Bildende Künste, wo er unter Hans Orlowski und später als Meisterschüler von Peter Janssen die Grundlagen für sein Lebenswerk legte. Ein entscheidender Impuls kam 1962, als Grützke unter der Leitung von Oskar Kokoschka an der Internationalen Sommerakademie in Salzburg teilnahm – ein prägender Moment, der seine Perspektive auf die Kunst erweiterte. Grützke war kein Freund des Mainstreams. Als Mitbegründer der „Schule der neuen Prächtigkeit“ lehnte er die damals dominierende Abstraktion entschieden ab und machte es sich zur Aufgabe, die Figur in die Kunst zurückzuholen – aber nicht ohne Augenzwinkern. Seine Bilder sind Bühnen des Lebens: ironisch, überzeichnet und dennoch tief menschlich. Historische Dramen, religiöse Rituale und mythologische Gestalten treten in seinen Werken auf wie in einem grotesken Theater, das die Absurditäten unserer Zeit widerspiegelt. Unvergessen ist sein monumentales Wandbild „Der Zug der Volksvertreter“ in der Frankfurter Paulskirche, ein Meisterwerk der Erzählkunst, das Politik als theatralisches Schauspiel inszeniert. Doch Grützke blieb nicht nur Maler: Als Bühnenbildner am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg übersetzte er seine künstlerische Vision in Raum und Bewegung, stets mit einem Sinn für das Dramatische. Johannes Grützke fordert seine Betrachter heraus, die Welt neu zu sehen – mit einem Lachen, das manchmal im Hals stecken bleibt. Seine Werke in der Sammlung Deilmann verkörpern diese spannungsreiche Dualität zwischen Humor und Ernst, Chaos und Ordnung. Sie stehen als Mahnung und als Feier des Lebens gleichermaßen.
•Berlinische Galerie, Berlin •Creator Vesevo Museo, Ercolano (Ercolano National Museum of Western Art) •Deutsches Historisches Museum, Berlin •Hamburger Kunsthalle, Hamburg •Kunstsammlung Heinrich, Maulbronn •Museum Gunzenhauser, Chemnitz •Sammlung Deilmann, Münster •Sprengel Museum, Hannover

Sammlungen

Ein Künstler, der nicht nur malte, sondern inszenierte – so könnte man Johannes Grützke beschreiben. Seine Werke sind Bühnen, auf denen sich das Leben in all seinen Facetten zeigt: ironisch, grotesk und doch zutiefst menschlich. Doch Grützke beschränkte sich nicht auf die Leinwand. Als Mitbegründer der Schule der neuen Prächtigkeit kämpfte er gegen den Strom der Abstraktion, um die Figur zurück in die Kunst zu holen – lebendig, überzeichnet und voller Geschichten. Auch im Theater hinterließ er Spuren: Mit Peter Zadek brachte er visionäre Inszenierungen auf die Bühne und ließ das Publikum in Kulissen eintauchen, die fast wie seine Gemälde wirkten. Als Lehrer an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg gab er seine unorthodoxe Sichtweise weiter, die für viele Studenten ein künstlerisches Erwachen bedeutete. Seine Retrospektiven, etwa in Nürnberg und Berlin, und Auszeichnungen wie der Hannah-Höch-Preis sind mehr als nur Ehrungen – sie sind ein Zeugnis seines unermüdlichen Schaffens. Grützke war ein Grenzgänger, der die Kunst immer wieder mit neuen Mitteln und auf neuen Wegen erforschte. Seine Werke und seine Lehre sind ein Vermächtnis, das weit über sein eigenes Leben hinausweist.

Leben und Wirken

Ein Künstler, der Kontraste liebte: Vom Studium bei Hans Orlowski und Peter Janssen über die Gründung der Schule der neuen Prächtigkeit bis hin zu einer Professur in Nürnberg war der Weg geprägt von einer unermüdlichen Suche nach Ausdruck und Wirkung. Immer stand die menschliche Figur im Zentrum – grotesk überzeichnet, ironisch gebrochen und doch zutiefst ehrlich. Sein Anspruch, die Abstraktion hinter sich zu lassen, führte zu einer einzigartigen Bildsprache, die Tradition und Provokation auf meisterhafte Weise vereinte. Seine Werke sind mehr als Kunst – sie sind Bühnen, auf denen Gesellschaft, Geschichte und Mythologie miteinander verschmelzen. Wandbilder wie der Zug der Volksvertreter in der Frankfurter Paulskirche oder seine scharfsinnigen Porträts verbinden Humor mit Tiefe, Absurdität mit Erkenntnis. Grützkes Kunst ist nicht nur ein Spiegel der Gesellschaft, sondern eine Aufforderung, den Menschen in all seinen Facetten zu sehen – ironisch, kritisch und mit einem Lächeln im Blick.

Vom Leben zur Kunst

in der Sammlung Deilmann

Künstler der Sammlung

1974: Kunsthalle Nürnberg 1977: Kunstverein Braunschweig 1999: Kunstverein Marburg 2006: Kunsthaus Apolda 2007: Malen ist Denken, Landesmuseum Oldenburg und Schloss Gottorf 2007: Das Plastische, Georg-Kolbe-Museum, Berlin 2011: Die Retrospektive, Deutsches Kunstarchiv des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg 2012: Die ganze Welt in meinem Spiegel, Ephraim-Palais, Berlin 2013: Jordaens und die Moderne, Museum Fridericianum, Kassel 2017: Der Pinsel hat gesprochen, Museum MORE, Gorssel, Niederlande 2017: Kunst ist nicht modern, sondern immer!, Kunstsammlung Chemnitz, Chemnitz

Ausstellungen

•1987–1991: Der Zug der Volksvertreter, Großes Wandbild (3 × 32 m) in der Frankfurter Paulskirche, ausgeführt in Berlin Dieses monumentale Wandbild, mit einer beeindruckenden Größe von 3 × 32 Metern, zählt zu Johannes Grützkes zentralen Werken. Es thematisiert die politischen Ideale und Realitäten der Demokratie, dargestellt in einer ironischen und zugleich ehrfürchtigen Bildsprache. Grützke inszenierte die Volksvertreter als eine symbolträchtige Prozession, die Geschichte und Gegenwart miteinander verbindet. Die Ausführung des Werks fand in seinem Berliner Atelier statt. Es ist ein starkes Beispiel für seine Fähigkeit, politische und gesellschaftliche Themen auf visuell eindrucksvolle Weise zu kommentieren. •1995: 16 Medaillons im Lichthof C, Specks Hof, Leipzig Die Medaillons im Lichthof C von Specks Hof stellen eine Verbindung zwischen Architektur und Kunst dar. Jedes Medaillon verkörpert symbolisch eine Facette der Geschichte und des Lebensgefühls der Stadt Leipzig. Die Reliefs zeugen von Grützkes Liebe zur Detailarbeit und seiner Fähigkeit, Kunst in den öffentlichen Raum zu integrieren. •1995: Aus der Geschichte der Unfallchirurgie, Wandbild (13,4 × 1,6 m) im Hörsaal des Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhauses Hamburg Dieses Wandbild, das 13,4 × 1,6 Meter misst, befindet sich im Hörsaal des Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhauses in Hamburg. Es erzählt humorvoll und bildreich die Entwicklung der Unfallchirurgie und stellt medizinische Innovationen und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft dar. Mit seinem typischen Stil kombiniert Grützke Ernsthaftigkeit mit einem Augenzwinkern, um die Fortschritte und Herausforderungen des Fachs anschaulich zu machen. •1996–1998: Majolika-Relief für die Fassade des Bürgersaals in Konstanz, Grützkes Heckerdenkmal zur Erinnerung an Friedrich Hecker und die Badische Revolution 1848/1849 Das Grützkes Heckerdenkmal, ein Majolika-Relief an der Fassade des Bürgersaals in Konstanz, erinnert an Friedrich Hecker und die Badische Revolution von 1848/1849. Das Werk feiert die Ideale von Freiheit und Demokratie und ist zugleich eine Hommage an die historische Bedeutung von Hecker und der Revolution. Durch die aufwändige Relieftechnik verleiht Grützke der Fassade eine außergewöhnliche künstlerische und historische Tiefe, die den Ort zu einem besonderen Blickfang macht.

Öffentliche Werke

Bronzegussmedaille zu Ehren von James Simon Johannes Grützkes Bronzegussmedaille auf James Simon zeigt auf der Vorderseite ein detailreiches Kopfbildnis im Dreiviertelprofil, während die Rückseite ein Zitat von Cervantes trägt: „Ein Mensch ist nicht mehr als ein anderer, wenn er nicht mehr tut als ein anderer.“ Dieses Werk, das Simons humanitäres Engagement würdigt, wurde im Numismatischen Nachrichtenblatt (Nr. 10, 2006) dokumentiert und abgebildet. Die Bronzegussmedaille auf James Simon war Teil der Ausstellung Die Welt „en miniature“: Deutsche Medaillenkunst heute, 2000–2006, die vom 15. Juli bis 7. Oktober 2007 in der Stiftung Moritzburg, Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt, präsentiert wurde. Das Werk ist dokumentiert in der Begleitpublikation von Ulf Dräger und Andrea Stock (Die Welt „en miniature“, Halle 2007, ISBN 978-3-937751-54-2, Die Kunstmedaille in Deutschland, Bd. 23).

Medaillenarbeiten

Johannes Grützke

bottom of page