top of page

Fetting in der Sammlung DEILMANN
Rainer Fetting verkörpert mit seiner expressiven Farbigkeit und seinen Großstadtmotiven eine wichtige Facette der zeitgenössischen Kunst. Seine Werke spiegeln nicht nur den Geist der ‚Neuen Wilden‘ wider, sondern auch die kulturellen und politischen Spannungen seiner Zeit. Für die Sammlung Deilmann ist Fetting ein Schlüsselposition, da er sowohl in der Malerei als auch in der Bildhauerei künstlerische Standards setzte, die bis heute inspirieren.
Anna Deilmann, Kuratorin der sammlung DEILMANN

Rainer Fetting © Samantha Dietmar 2016
Rainer Fetting ist ein bedeutender Vertreter der „Neuen Wilden“, einer Künstlerbewegung, die sich durch ihre expressiven Farben und figurative Malerei auszeichnet. In den 1970er Jahren war er Mitbegründer der Galerie am Moritzplatz in Berlin, einem wegweisenden Selbsthilfeprojekt junger Künstler, das später als Zentrum der „Jungen Wilden“ bekannt wurde. Fetting schuf Werke, die sich mit urbanen Themen wie der Berliner Mauer, Stadtszenen und Porträts auseinandersetzen. Neben seiner Malerei entwickelte er ein umfangreiches bildhauerisches Werk, vor allem in Bronze, darunter die bekannte Willy-Brandt-Statue im Atrium des Willy-Brandt-Hauses in Berlin. Fetting lebt und arbeitet in Berlin und auf Sylt.
Rainer Fetting nahm die urbanen Landschaften Berlins als lebendige, pulsierende Kulisse für seine Malerei. In seinen Arbeiten verschmolzen die städtische Dynamik und die politische Spannungen der Zeit mit lebendigen Farben und kraftvollen Figuren. Besonders prägend war der symbolische Umgang mit der Berliner Mauer, die in Fettings Gemälden sowohl als physische Grenze als auch als Spiegelbild des geteilten Deutschlands fungierte. Die Mauer wurde zu einem wiederkehrenden Motiv, das Fetting in seiner expressiven Malerei sowohl als bedrohliche Mauer als auch als Symbol der Konfrontation und der politischen Verhältnisse aufgriff.
Mit seinen kräftigen, oft kontrastreichen Farben und den dynamischen, teilweise verzerrten Figuren veranschaulichte Fetting das chaotische und bewegte Leben in einer Stadt, die sowohl von politischen Konflikten als auch von kulturellen und sozialen Spannungen geprägt war. Seine Werke spiegeln eine Atmosphäre des Widerstands, der Rebellion und des Aufbegehrens wider, die in den 1980er Jahren in der Berliner Kunstszene und in der Stadt selbst allgegenwärtig war. In seinen Stadtbildern – von der Mauer bis hin zu nächtlichen Straßenszenen – schuf er eine intensive visuelle Sprache, die den Betrachter in die lebendige, oft widersprüchliche Welt Berlins eintauchen ließ.
Farben und Figuren im urbanen Raum
Rainer Fetting hat seine künstlerische Auseinandersetzung mit dem menschlichen Körper in die Skulptur übertragen und in Bronzeplastiken verwandelt, die sowohl körperlich als auch symbolisch kraftvolle Aussagen treffen. In seinen Arbeiten transformiert er die menschliche Figur zu einem Medium, das Fragen zu Macht, Sexualität und gesellschaftlicher Norm aufwirft. Die Figuren, die Fetting in Bronze gießt, sind nicht nur statische Darstellungen, sondern agieren in einem Raum, der durch ihre körperliche Präsenz intensiviert wird.
Die Körper in Fettings Skulpturen sind oft verzerrt oder fragmentiert, was eine dynamische und konfrontative Wirkung erzielt. Besonders auffällig ist der expressiv kraftvolle Umgang mit Formen, die in ihrer Materialität – der Glätte und den runden, gewölbten Oberflächen der Bronze – mit einer rauen, fast aggressiven Physis kontrastieren. Diese Skulpturen sind nicht nur Körperdarstellungen, sondern auch Reflexionen über den Körper als gesellschaftliches und kulturelles Konstrukt. In Fettings Bronzeplastiken finden sich immer wieder Themen wie Machtverhältnisse, die sexuellen Spannungen in der Gesellschaft und die politische Symbolik von Körpern, die auf Widerstand und Veränderung hindeuten. Mit seinen Arbeiten fordert Fetting die Wahrnehmung des Betrachters heraus und lässt ihn über die Bedeutung und den Platz des menschlichen Körpers in unserer Gesellschaft nachdenken.
Skulpturen aus Bronze: Der Körper in der Raumwahrnehmung
Fetting war nicht nur ein Maler und Bildhauer, sondern auch ein Experimentator, der die Grenzen zwischen den verschiedenen Kunstformen aufbrach. Besonders auffällig ist, wie er Malerei, Skulptur und Film miteinander verband und eine interdisziplinäre Praxis schuf, die den Betrachter in unterschiedliche Wahrnehmungsebenen führt.
In Fettings Arbeiten verschmilzt die Figurative Malerei mit der physisch greifbaren Präsenz von Skulpturen, während gleichzeitig filmische Aspekte integriert werden, die eine narrative und zeitliche Dimension einführen. Seine Filme und Fotoarbeiten ergänzen die visuelle Kraft seiner Gemälde und Skulpturen, indem sie Bewegung und Veränderung in den Raum und die Bildwelt einfließen lassen. In den 1980er Jahren begann Fetting, filmische Techniken zu nutzen, um seine Arbeiten noch mehr in den Kontext einer kontinuierlichen, erzählerischen Zeit zu stellen – die statischen Figuren seiner Malerei und Plastik erhielten eine zusätzliche Dynamik. Durch diesen interdisziplinären Ansatz stellte er die traditionellen Kategorien von Kunst in Frage und bot neue Perspektiven auf den Raum, die Zeit und die menschliche Figur. Fettings Arbeiten sind somit ein lebendiges Beispiel für die Möglichkeiten, die sich eröffnen, wenn man die bestehenden Grenzen zwischen den Kunstformen überschreitet und miteinander kombiniert.
Grenzen zwischen Malerei, Skulptur und Film
"1977
•Stadtbilder, Galerie am Moritzplatz, Berlin
1981
•Anthony d’Offay, London
•Mary Boone Gallery, New York (mit Helmut Middendorf)
1986
•Museum Folkwang, Essen
•Kunsthalle Basel
1990
•Rainer Fetting – Gemälde und Skulpturen, Nationalgalerie Berlin (Ost); Stadtmuseum Weimar
1994
•“Neue Wilde aus Berlin. Die Sammlung Martin Sanders”, Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum im Kloster Cismar
1997
•Rainer Fetting – Willy Brandt, Kunsthalle Wilhelmshaven
1998
•Werkschau, Von der Heydt-Museum, Wuppertal
•Rainer Fetting – 30 Bilder aus Berlin der letzten 20 Jahre, Kunsthalle im Rathaus Marienplatz, München
2001
•Landschaften, Kunsthalle, Emden
2004
•Los Angeles Surfscapes, Galerie Karl Pfefferle, München
2008
•Rückkehr der Giganten – Rainer Fetting, Skulpturen, Gerhard-Marcks-Haus, Bremen
2011
•Rainer Fetting – Berlin, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin
2020
•Rainer Fetting. Here are Lemons, Retrospektive, Schloss Gottorf, Schleswig-Holstein"
Ausstellungen
"Australien
•Art Gallery of South Australia, Adelaide, SA
•National Gallery of Australia, Canberra
•NGV Collection, National Gallery of Victoria, Melbourne
Deutschland
•Berlinische Galerie, Berlin
•Bundeskanzleramt, Berlin
•Deilmann Sammlung, Münster
•Hamburger Bahnhof, Museum für Gegenwart, Berlin
•Kunsthalle in Emden
•Kunsthalle zu Kiel
•Kunstmuseum Walther, Augsburg
•Kunstmuseum Gunzenhauser, Chemnitz
•Kunstsammlung Deutscher Bundestag, Berlin
•Kunstsammlung Gera
•Kunstsammlung Heinrich, Maulbronn
•Kunsthalle Wilhelmshaven
•Ludwig Forum für Internationale Kunst, Sammlung Ludwig, Aachen
•Museum am Dom, Würzburg
•Museum Gunzenhauser, Chemnitz
•Nationalgalerie Berlin
•Sammlung im Willy-Brandt-Haus, Berlin
•Städel Museum, Frankfurt/Main
•Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bonn
•Stiftung Stadtmuseum Berlin
•ZKM I Zentrum für Kunst und Medien, Sammlung Museum für Neue Kunst, Karlsruhe
Frankreich
•Fondation Cartier pour l’art contemporain, Paris
•Fonds Régional d´Art Contemporain (FRAC Collection) Auvergne
Großbritannien
•Tate Gallery
Kanada
•Vancouver Art Gallery, Vancouver, BC
Schweiz
•Kunstmuseum Basel - Museum für Gegenwartskunst
•Musée cantonal des beaux-arts de Lausanne"
Sammlungen
Rainer Fetting war eine Schlüsselfigur der „Neuen Wilden“, einer Bewegung, die in den späten 1970er Jahren in Berlin aufkam und sich durch einen radikalen Bruch mit den etablierten Kunsttraditionen auszeichnete. Die Gruppe, zu der auch Künstler wie Salomé, Bernd Zimmer und Helmut Middendorf gehörten, stellte die akademische Kunstauffassung infrage und setzte auf expressive Farben, spontane Maltechniken und eine figürliche Darstellung, die mit der abstrakten Kunst dieser Zeit kollidierte. Fetting nutzte seine Gemälde, um urbane Szenen, Porträts und die Berliner Mauer in lebendigen, oft verstörend kraftvollen Bildern darzustellen. In seiner Kunst kam die rohe Energie der Stadt ebenso zum Vorschein wie die politische Unruhe der Zeit. Die „Neue Wilde“ suchten bewusst nach einem alternativen Ausdruck, der sich von der coolen Distanz der Konzeptkunst und Minimal Art abgrenzte – eine Ausdruckskraft, die Fetting meisterhaft in seinen kraftvollen, dynamischen Kompositionen umsetzte.
Fetting setzte sich in seiner Kunst mit der urbanen Realität auseinander, schuf großformatige Darstellungen von Körpern und Stadtlandschaften und nutzte dabei eine Sprache der Provokation und der Unmittelbarkeit. In seiner Malerei zerschellten die Strukturen der traditionellen Perspektive, die Zeichen der Gesellschaft – von der Berliner Mauer bis hin zu den Gesichtern und Körpern der Menschen – wurden laut und ungeschönt in Szene gesetzt. So brachte er die „Neue Wilde“-Bewegung zu einer Ikone der 80er Jahre Kunstszene.
„Neue Wilde"
Reiner Fetting
bottom of page